»Der Tod ist mit der Würde des Menschen nicht kompatibel« Interview: Robert Fischer beschäftigt sich in seinem neuen Buch »Sterben war gestern« mit der Endlichkeit des Lebens und kommt zu verblüffenden Einsichten. ->Sie beschreiben in Ihrem Buch Wege in eine Zukunft, in der Sterben und der Tod überwunden sein werden. Ist der Tod nicht Teil des Lebens? Robert Fischer: Aber auch der Satz »Der Tod ist das Gegenteil des Lebens« erregt selten Widerspruch. Was stimmt nun? Etwas kann nur Teil oder Gegenteil sein - beides zusammen geht nicht. Das Gegenteil zu den geraden Zahlen sind die ungeraden Zahlen. Aber die geraden Zahlen sind nie Teil der ungeraden und umgekehrt. Der Tod ist nicht Teil des Lebens und das Leben nicht Teil des Todes. Denn wo der Tod ist kann Leben nicht sein und umgekehrt. ->Der Tod ist das Gegenteil des Lebens… Fischer: Auch das kann nicht sein. Der Tod ist nicht das Gegenteil von Leben, sondern bezeichnet lediglich das Ende des Lebens. So wie der Haken das Ende der Angelschnur ist. Aber der Haken ist nicht das Gegenteil der Angelschnur. Und das Ende einer Höhle ist nicht das Gegenteil der Höhle, sondern nur der Punkt, an dem uns nichts anderes übrigbleibt als umzukehren. Sie sehen, sobald wir an der Oberfläche unserer Alltagskonzepte zum Thema Tod kratzen, kommen wir begrifflich ins Schlingern. ->Einigen wir uns auf den unverfänglichen Satz: »Der Tod ist das Ende des Lebens« Fischer: Eine Definition, die wir in dieser Form im Lexikon finden. Auf den ersten Blick scheint es so, als stünden wir mit diesem Satz auf festem Fundament. Aber bei genauerer Betrachtung ist auch diese Aussage angreifbar. Tod bedeutet Zerfall, Auflösung, Desintegration, schlicht den endgültigen und nicht umkehrbaren Verlust von Lebensfunktionen. Betrachten wir eine Amöbe – ein Lebewesen aus der Gruppe der Einzeller – nennen wir sie Alvin. Alvin wird gefressen, verhungert, erfriert oder stirbt den Hitzetod. Aber bei guten Bedingungen bleibt Alvin dieses Schicksal erspart. Irgendwann im Leben von Alvin kommt der Moment, wo sich Alvin teilt. Ein Prozess, bei dem sich weder etwas auflöst noch zerfällt. Mit der Teilung geht kein Verlust an Lebensfunktionen einher. Kein Teil von Alvin durchläuft den Prozess von lebender zu toter Materie. Wenn sich ein Bakterium, eine Amöbe teilt, stirbt nichts in dem Sinne, wie wir Sterben beim Menschen definieren. Im Gegenteil: Leben vermehrt sich. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir vertreten die Meinung, Einzeller sind potentiell unsterblich oder durch den Prozess der Teilung endet das Leben von Alvin und zwei neue Leben beginnen. Ich tendiere zu Letzterem. Am Ende von Alvins Leben steht somit nicht der Tod, sondern doppeltes Leben. In diesem Sinne ist der Tod nicht das Ende des Lebens, sondern ein Ende des Lebens. Und wenn wir die Sache quantitativ betrachten und die Anzahl aller Lebewesen auf unserem Planeten zugrunde legen, dann trifft auf 99,999% aller Organismen die Aussage zu, dass der Tod ein mögliches Ende des Lebens aber nicht das Ende des Lebens. ->Der Tod ist Teil der Natur. Verlassen wir nicht den von der Schöpfung gegebenen Rahmen, wenn wir versuchen, den Tod zu überwinden? Fischer: Der Tod ist tatsächlich Teil der menschlichen Natur. Aber auch Krebs, Alzheimer oder das in Lateinamerika gefürchtete Zika-Virus, das Mikrozephalie bei Föten verursacht, ist etwas völlig Natürliches. Aber ändert das irgendetwas an dem traurigen und grausamen Tatbestand, dass diese Kinder zeitlebens geistig behindert sein werden? »Natürlich« heißt per se ja nicht gut oder schützenswert. Zweitens stellt sich die Frage, ob der Tod Teil der Natur ist, im Sinne einer evolutionären Notwendigkeit. Über Bakterien, bei denen unsere Vorstellungen von Sterben und Tod nicht so richtig passen wollen, haben wir bereits gesprochen. Wie sieht es bei Pflanzen aus, die sich vegetativ vermehren, also sich durch Ableger ständig erneuern? Und ein ganz unscheinbarer Organismus, der erst in den letzten Jahren in den Fokus von Forschern geraten ist, ist tatsächlich potentiell unsterblich: Der Süßwasserpolyp Hydra. Hydra hat offensichtlich eine Nische gefunden, bei der potentielle Sterblichkeit ein evolutionärer Nachteil wäre. Der von Ihnen genannte »Rahmen der Schöpfung« ist ein religiöses Konzept, das in der Geschichte der Menschheit zu Unterdrückung und unermesslichen Gräueltaten geführt hat. Weise Frauen, die mit ihrem Know-how beispielsweise Geburtsschmerzen erträglich machten, landeten auf dem Scheiterhaufen, weil sie außerhalb des »Rahmen der Schöpfung« agierten. Diese Zeit sollte hinter uns liegen. ->Wenn Sie die Religion ansprechen. Fundament vieler Religionen sind paradiesische Jenseitsvorstellungen. Viele glauben an ein Leben nach dem Tod. Fischer: Tatsächlich haben seriöse Studien eine Pattsituation ergeben. Ziemlich genau ein Drittel aller Befragten glaubt an ein Leben nach dem Tod. Ein weiteres Drittel ist der festen Überzeugung, dass nach dem Tod nichts mehr kommt. Und das verbleibende Drittel ist sich unsicher. Die eschatologische Ausrichtung, also die Frage nach dem, was danach kommt, ist der sinnstiftende Kern vieler Religionen. Nicht nur im Christentum ist die Auferstehung von den Toten messianisches Versprechen und Teil des Glaubensbekenntnisses. Jenseits der Religion ist die Antwort auf die Frage, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, doppelt trivial. Ja, es gibt ein Leben nach dem Tod, nämlich das Leben aller Menschen, aller Lebewesen, die nach dem Tod eines Menschen weiterleben. Die Antwort ist selbst dann »ja«, wenn man das Individuum betrachtet. Körperteile einer Person überleben in Form von Organspenden den Tod dieser Person. Wenn wir alle Organe, die heute routinemäßig transplantiert werden können, zusammenrechnen, könnten mehr als 50% eines Menschen dessen Tod überleben. Die Antwort, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, ist auch im negativen Sinne trivial. Nein! Es gibt kein Leben nach dem Tod, wenn wir Tod als das oder ein Ende des Lebens definieren. Wenn wir den Tod in unserer Frage mit dieser Definition ersetzen, dann heißt die Frage: Gibt es ein Leben nach dem Ende des Lebens? Das ist natürlich Unsinn. Entweder endet etwas mit dem Ende oder es ist kein Ende. ->Befriedigend ist diese Antwort aber nicht. Könnte nicht unsere Seele oder unser Bewusstsein den Tod überdauern. Fischer: Sie haben Recht. Die Frage nach einem Leben nach dem Tod würde nicht seit Jahrtausenden einen Spitzenplatz in der Hitparade philosophischer Fragen einnehmen, wenn die Antwort so einfach wäre. Tatsächlich ist die Vorstellung einer unsterblichen Seele die eigentliche Grundlage für die Frage nach dem Weiterleben im Jenseits. Glauben Sie, dass wir eine Seele haben? ->Ja Fischer: Gehen wir einfach mal davon aus, dass Ihre Seelenvorstellung der Tatsache entspricht – eine Seelenvorstellung, die weit verbreitet ist. Nehmen wir einfach mal an, Menschen haben eine Seele, um zu sehen, wohin uns diese Idee führt. So tröstlich diese Vorstellung auf den ersten Blick auch sein mag, sie hilft uns nicht weiter. Wenn wir eine Seele haben, wie wir ein Herz oder eine Leber haben, ist nichts gewonnen. Aus der Tatsache, dass mein Herz, meine Leber als gespendetes Organ nach meinem Tod weiterlebt, bedeutet nicht, dass ich es tue. Genauso: Aus der Tatsache, dass meine Seele nach meinem Tod weiter existiert, folgt nicht, dass ich es tue. Zweitens, selbst wenn wir eine Seele hätten: Wer garantiert uns, dass sie nach dem Tod des Menschen überlebt. Im Gegenteil, ich tendiere zu der Auffassung, dass das, was wir mit Seele umschreiben zerbrechlicher ist als der Körper. Demenz scheint eine dieser Krankheiten zu sein, bei der die Seele oder das Bewusstsein des Menschen vor dessen Körper erlischt. Um es kurz zu machen: So sicher, wie die Erde um die Sonne kreist, so sicher ist es, dass Bewusstsein oder das, was viele mit Seele umschreiben ein funktionierendes Gehirn voraussetzt. ->Die Vorstellung, dass mit dem Tod alles endet, ist nicht gerade tröstlich. Fischer: Für die meisten mag das so ein, aber manche erleiden derartige körperliche oder psychische Qualen, dass ihnen der Tod als Erlösung erscheint. Auf den ersten Blick nachvollziehbar, aber ich bin skeptisch. Denn der Tod ist keine Änderung des Zustandes, sondern bedeutet die Auflösung aller Zustände. Generell ist es tatsächlich so. Im Laufe der evolutionären Entwicklung sind unsere Vorfahren an einen Punkt gelangt, an dem die Komplexität neuronaler Strukturen die Entwicklung von Ich-Bewusstsein zuließ. Die Kehrseite der Medaille ist das Wissen über die eigene Sterblichkeit, das Wissen über die erschreckende und deprimierende Erkenntnis der eigenen Endlichkeit. Die biblische Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies lässt sich in diesem Sinne interpretieren. Der Spannungsbogen zwischen Erkenntnis auf der einen und dem Bewusstsein von der Sterblichkeit auf der anderen Seite ist die Urquelle, ist der Motor für jede Form menschlicher Kultur. Die Entwicklung und Existenz aller Religionen ist ohne diesen Spannungsbogen undenkbar. Nach Marx sind Religionen Opium fürs Volk. Man mag das für übertrieben halten, korrekt ist jedoch, dass die Entstehung der Religionen die evolutionär bedingte Reaktion auf diesen, die conditio humana konstituierenden, Spannungsbogen ist. ->In Anbetracht des unvermeidlichen Todes, was ist falsch daran, sich einer Religion zuzuwenden, um dort Trost zu erfahren? Fischer: Es ist nicht falsch, Trost jenen zu spenden, die getröstet werden wollen. Falsch ist jedoch die Vorstellung von der Unvermeidlichkeit des Todes. Bis vor wenigen Jahrzehnten war es unter Wissenschaftlern Common Sense, dass die jeder Spezies zugrundeliegende Lebensspanne unverrückbar sei. Mittlerweile ist das Gegenteil bewiesen. Durch Selektion, Genmanipulation und andere biotechnische Verfahren lässt sich die Lebensspanne im Tierexperiment verdoppeln, verdreifachen, teilweise verzehnfachen. Unvermeidlich ist der Tod nicht. Der Tod ist letztendlich eine Anpassungserscheinung an die Umwelt. Dort, wo Unsterblichkeit einen evolutionären Vorteil bringt, entstehen Organismen, die potentiell unsterblich sind. Manche Pflanzen, Pilze, Schwämme und Korallen könnten zu diesen potentiell unsterblichen Organismen zählen. Bei Hydra, dem kleinen Süßwasserpolyp, ist man sich mittlerweile ziemlich sicher. ->Ist ewiges Leben erstrebenswert - wollen Sie ewig leben? Fischer: Scheinbar eine simple Frage, aber nur auf den ersten Blick. Erlauben Sie mir eine Gegenfrage: Sind Hexen schlecht für eine Gesellschaft? Sie sehen, worauf ich hinaus möchte. Diese Frage lässt sich nicht mit »ja« oder »nein« beantworten, weil beide Antworten voraussetzen, dass wir über etwas Sinnvolles sprechen. Aber die Spezies Frauen, die auf Besen durch die Lüfte reitet und mit Zauberkraft die Milch von Nachbars Kühen sauer werden lässt, gibt es nicht. Die Frage nach dem Wert für die Gesellschaft ist somit sinnlos. Die Frage nach der Ewigkeit gehört meiner Meinung nach zur gleichen Kategorie sinnloser Fragen, die sich nicht seriös beantworten lassen. ->Wenn nicht ewig, wäre dann ein sehr langes Leben, dass Jahrhunderte oder möglicherweise Jahrtausende umfasst, nicht auf die Dauer eintönig? Fischer: Beginnen wir bescheiden. Die durchschnittliche Lebenserwartung in industrialisierten Gesellschaften liegt bei ca. 80 Jahren. Viele können sich eine Verdopplung dieser Lebensspanne nicht vorstellen. Sie gehen von der irrigen Annahme aus, dass wir die zusätzlichen Jahre als fragile, mit allen Alterskrankheiten geplagte Tattergreise in Pflegeheimen verbringen. Diese Vorstellung ist ein Trugschluss. Erstens zeigen Tierexperimente, die auf Lebensverlängerung zielen, stets das gleiche Bild: Verlängert wird die vitale und gesunde Lebenszeit und nicht die Zeit des Siechtums. Zweitens sehen wir das an uns selbst. Slogans wie »70 ist das neu 50« mögen zwar etwas übertrieben sein, aber die Tendenz ist eindeutig. Heute 70-Jährige sind im Durchschnitt vitaler, gesünder und fitter als die 70-jährigen vor 50 oder 100 Jahren. Und ein weiters Argument ist trivial: Einzelne Wissenschaftler, Forschungseinrichtungen und die Pharmaindustrie, die an lebensverlängernden Mitteln forschen, zielen nicht darauf, das Siechtum zu verlängern – welchen Sinn hätten Therapien, welchen Markterfolg hätten Medikamente, die nur die Zeit des Leidens verlängerten? Zur Frage der Langeweile: Verbindlich können wir die Frage nicht beantworten, weil es schlicht keine 160-Jährigen gibt, die wir befragen könnten. Aber wir können die Frage zurückdatieren. Stellen wir uns vor, zwei Gelehrte im Mittelalter diskutieren das Thema zu einer Zeit, in der die durchschnittliche Lebenserwartung bei 35 Jahren lag. Jahrhunderte später können wir ihre Frage beantworten. Ja, ein Leben, das 70 oder 80 Jahre währt, ist lebenswert; und nein, die Verdopplung der Lebensspanne führt nicht zum Zusammenbruch einer Gesellschaft. Warum sollte eine weitere Verdopplung auf 160 Jahre zu anderen Ergebnissen führen? ->Ist diese Diskussion nicht rein akademisch? Wir forschen seit Jahrzehnten an Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer und investieren Milliarden in deren Erforschung. Von Heilung sind wir gefühlt meilenweit entfernt und mangels wirklicher Durchbrüche feiern wir Medikamente als großen Erfolg, die die Lebenserwartung um wenige Monate verlängern. Ist es nicht utopisch zu glauben, wir könnten die Lebenserwartung in naher Zukunft verdoppeln? Fischer: Tatsächlich glaubte man bis vor wenigen Jahrzehnten, dass die maximale Lebenserwartung unverrückbar sei. Bis 1993 die Forscherin Cynthia Kenyon die Forschergemeinschaft elektrisierte. Ihr ist es erstmals gelungen die Lebenserwartung von Fadenwürmern zu verdoppeln. Mittlerweile gelingt uns das bei einer ganzen Reihe von Organismen, von der Fruchtfliege bis zur Maus. Lebensspanne lässt sich verlängern, das steht fest. Die Frage ist nur: mit welchem Aufwand? Werden in den nächsten Jahrzehnten Therapien zur Verfügung stehen, um unsere eigene Lebenserwartung zu verlängern? Davon bin ich überzeugt. Unter dem Radar der Öffentlichkeit wird derzeit in Forschungseinrichtungen und Start-Ups eifrig geforscht. Robuste Anti-Aging-Techniken mit der Heilung von Krankheiten gleich zu setzen, scheint mir dabei nicht zielführend. Dazu ein Beispiel: Skorbut ist eine schreckliche Krankheit, die unter anderem mit Zahnfleischschwund und Zahnausfall einhergeht. Nach Ausbruch der Krankheit ist es beinahe unmöglich, den Zahnfleischschwund rückgängig zu machen. Und komplett unmöglich ist es derzeit, ausgefallene Zähne nachwachsen zu lassen. Die Auswirkungen von Skorbut sind derzeit in Teilaspekten irreversibel, die Vorsorge ist dagegen simpel. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin C verhindert zuverlässig den Ausbruch der Krankheit. Prävention und Heilung sind komplett andere Baustellen. Aktuell liegt der Forschungsschwerpunkt in der Behandlung altersbedingter Krankheiten nicht auf der Prävention. Führende Gerontologen fordern mittlerweile eine Medizin 2.0. Ziel der neuen Medizin ist die Verhinderung der Entstehung von Krankheiten und nicht deren Behandlung. Ein interessantes Beispiel aus der Biologie ist der gewöhnliche Nacktmull, ein mit der Maus verwandtes Nagetier, das vor allem in den Halbwüsten Ostafrikas beheimatet ist. Nacktmulle haben eine erstaunliche Resistenz gegenüber Krebs. Plakativ gesagt: Nacktmulle bekommen keinen Krebs. Ein kleines unscheinbares Säugetier, von dem wir noch viel lernen können. Die Krebsresistenz ist übrigens ein Grund, warum Nacktmulle ca. 10-15mal länger leben als gewöhnliche Mäuse. ->Würde Lebensverlängerung nicht zur Überbevölkerung beitragen und unseren Planten noch mehr belasten? Fischer: Überbevölkerung ist ein strapazierter Begriff. Weltweit gibt es eine eindeutige Tendenz: Je gebildeter eine Gesellschaft ist, desto weniger Kinder werden geboren. In Europa haben wir eine Fertilitätsrate von 1,6. Frauen haben im Schnitt 1,6 Kinder. Es müssten zwei sein, damit die Bevölkerung nicht schrumpft. Wenn wir die Kindersterblichkeit berücksichtigen müsste die Fertilitätsrate sogar noch höher, bei ca. 2,1, liegen. Überbevölkerung ist ein Problem von Gesellschaften, in denen vor allem Frauen keinen Zugang zu adäquater Bildung haben. Zweitens sind Überbevölkerung und die damit einhergehenden Probleme keine Frage der Menge, sondern eine Frage, wie wir mit unseren Ressourcen umgehen. Ein Beispiel: Wenn wir nur halb so viel Fleisch essen würden wie bisher, könnten wir auf der Hälfte der weltweiten Ackerflächen doppelt so viele Menschen ernähren. Statt ein Problem darzustellen, wäre Lebensverlängerung sogar eine Lösung für Gesellschaften, die zukünftig mit Bevölkerungsrückgang zu kämpfen haben. Unabhängig von der humanitären Krise und dem unaussprechlichen Leid, das Altern und Sterben für Betroffene und Angehörige erzeugt, wären robuste Anti-Aging-Techniken ein riesiger ökonomischer Gewinn für eine Gesellschaft, würde das Thema nicht im blinden Fleck aktueller Politikoptionen verkümmern, wie es der Ökonom Jochen Röpke formuliert hat. ->»Ein praktischer Ratgeber« lautet der Untertitel Ihres Buches. Welchen Rat geben Sie uns? Fischer: So lange leben, bis robuste Anti-Aging-Techniken verfügbar sind (lacht). Im Ernst: Wenn die aktuelle Dynamik in den Think-Tanks, den Forschungslaboren und den Start-Ups anhält, sollten in 10-20 Jahren erste wirksame Produkte und Therapien auf dem Markt kommen. Bis es soweit ist, bleibt nur ein gesunder Lebenswandel. Mittlerweile haben dutzende Studien belegt und es ist eigentlich eine Binsenweisheit: Nicht rauchen, ein gemäßigter Lebenswandel, die Vermeidung von Übergewicht, eine optimistische Lebenseinstellung und wöchentlich ca. 150 Minuten Sport bringen im Schnitt 10-15 zusätzliche gesunde Jahre. Es gibt einen Plan B. So viel sei schon mal verraten: Dieser hängt mit einer Maus zusammen, die nach Jahren wieder auftauchte, einem Bischof aus dem 16. Jahrhundert und einem Wissenschaftspreis der mit 200.000 US$ dotiert war und 2018 gewonnen wurde. Lassen Sie sich überraschen. ->Wir danken für das Gespräch